Brücke ins neue Jahrtausend    zh2000.ch     projekt

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Das Projekt zh2000 hat sich in der hier vorliegenden Darstellung aus einer Reihe von Gesprächen entwickelt, deren Geschichte in einzelnen Stationen und mit ausgewählten Dokumenten in der Geschichte des Projektes zh2000 chronologisch nachgeführt wird. 

Zusammenfassung

Im Sommer 1998 wurde ich angefragt, zum 250 jährigen Jubiläum der Bank Rahn&Bodmer eine Idee zu entwickeln für ein Kunstgeschenk an die Stadt. Mir war sogleich klar, dass es sich dabei um ein sehr schwieriges Unterfangen handelt, ist doch das Aufstellen von Kunst im öffentlichen Raum heute ein ausgesprochen heikles Thema. Es scheint gar festzustehen, dass die Inanspruchnahme von öffenlichem Raum durch ein Kunstobjekt eigentlich unmöglich sei, zumindest aber ein unabschätzbares Wagnis bedeutet. Vielleicht aber ist die Kunst gerade durch die besondere Situation der Demokratie herausgefordert, neue Formen ihres Auftritts im öffentlichen Raum zu entwickeln. Nicht provokative, vordergründig Aufmerksamkeit heischende - dazu haben wir heute die im öffentlichen Raum allgegenwärtige Werbung - sondern im Gegenteil eigentlich bescheidene Formen eines dezidierten Angebotes der Kunst im öffentlichen Raum. Als zeitlich begrenzte Aktion habe ich mit dieser zurückhaltenden Grundidee schon in verschiedenen Städten den Bildweg angeboten. Eine feste Einrichtung aber bedarf weiterer Überlegungen. Einige Gedanken zur Einschätzung der Lage im Bereich der öffentlichen Kunst habe ich denn auch in einem Brief dargelegt.

Der Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen war das eigentliche Motto des Jubiläums des alteingesessenen Zürcher Bankhauses: Werte verbinden. Es solte damit ausgedrückt werden, dass das Verbindnede zwischen den Menschen die Werte sind, denen sie sich  verpflichtet fühlen, oder an welche sie einfach glauben. Nun sind es aber natürlich nicht die Werte die verbinden, denn ein Wert als eine absolute objektive Gegebenheit existiert hier nicht. Werte sind deshalb alles andere als selbstverständlich, sondern müssen vermittelt werden. Diese Vermittlung aber ist ein geistiger Vorgang den wir Gespräch, Geschichte oder Geschichten nennen. Auch dazu sind weitere Einzelheiten in einem Brief dargelegt.

Das Bild für die Verbindung ist die Brücke, welche zwei getrennte Ufer verbindet.Gleichzeitig sahen wir, dass diese Verbindung wesenhaft Geschichte ist. Daraus entstand die erste Projektidee, nämlich an der Quaibrücke in einem 121 Meter langen Streifen, der entlang des seeseitigen Handlaufes angebracht ist, ein virtuelles Relief anzubringen, welches in poetischer Form die 2000-jährige Geschichte des christlichen Abendlandes aus Zürcher Sicht bebildert. Es ist klar dass es sich bei einer solchen Darstellung nicht um eine objektive historisch-wissenschaftliche Bildgeschichte handeln kann, auch nicht um eine Art von Geschichtslehrbuch. Vielmehr wird versucht die Geschichte als die Abfolge eines Geschehens darzustellen, das in jedem Menschenleben stattfindet, weil doch Geschichte, auch historisch-wissenschaftliche Geschichte, immer nur in der Gegenwart des Menschen erscheinen kann. Dargestellt werden also die Stimmungen, die gewisse historische Ereignisse und Persönlichkeit der Geschichte im gegenwärtigen Menschen erwecken.

Die Form dieser Darstellung ist ein räumliches Relief, welches aber nicht materiell anwesend ist, sondern als virtuelle Skulptur, als Hologramm. Damit erscheint das Kunstwerk eigentlich nur als flacher, schmaler und bescheidener Streifen an diesem Handlauf. Von weitem ist darauf zuerst einmal gar nichts zu sehen. Beim Näherkommen aber öffnet sich dem Betrachter ein virtueller Raum, in welchem die Objekte des Bildstreifens dreidimensional angeordnet sind.

Wie soll nun aber dieses Geschehen der Geschiche dargestellt werden? Zunächst einmal chronologisch, das heisst in einer klaren, unverzerrten Zeitachse. Jedes metrige Teilstück des Hologrammbandes umfasst 16,5 Jahre. Die Jahreszahlen sind auf der Fassung jedes Teilstücks deutlich lesbar angebracht. Beim Bellevue beginnt der Streifen mit der Geburt Christi, nach 121 Metern endet er beim Bürkli-Brückenkopf im Jahr Zweitausend mit einem kurzen Stück Spiegel, in welchem sich der Betrachter, in der Gegenwart stehend, sich selbst erkennen kann.

Die Geschehnisse und Personen der Geschichte sollen in den einzelnen Panels aber nicht in realistischer Darstellung erscheinen, selbst wenn damit - vordergründig betrachtet - der Reiz der Vorstellung verlorengeht, man könnte locker an diesem Streifen vorbeispazieren und augenblicklich alle Personen von Cäsar bis Karl dem Grossen, Pestalozzi, Gottfried Keller usw. gleichsam en passant wahrnehmen. Man möchte dann meinen, es sei möglich dass diese Geschichte darstellbar sei als ein selbstverständlicher Vorgang. Dass genau dies aber nie der Fall ist zeigt doch gerade die Geschichte, dass nämlich auch Geschichte nicht selbstverständlich die Geschichte ist, sondern auch nur immer subjektiv in Geschichten vermittelt wird. Im Falle von Gottfried Keller heisst dies zum Beispiel: Dass man selbstverständlich erkennen kann, dass dies Gottfried Keller ist, ist in keiner Art der Darstellung allgemein gegeben. Man muss nämlich das Bild Kellers auch vermittelt erhalten und dazu auch, dass der Mann auf diesem Bild Gottfried Keller heisst und eventuell noch, dass er Bücher geschrieben hat usw. Wie dem auch sei: Auf eine schulmässig-didaktische Darstellungsart wird zugunsten einer spieleischen, poetischerern und zeitgenössischeren Form verzichtet. Ereignisse und Geschehnisse werden, wie auf dem Tableau 1914 bis 1930 ersichtlich - zum Beispiel mit einer Zusammenstellung von Gegenständen dargestellt. Im Verlauf des gesamten Streifens aber kann es durchaus sein, dass andere Formen des Ausdruck der Stimmung einer geschichtlichen Phase eher entsprechen, z.B. eigentliche plastische Modellierungen aber auch abstrakte Gestaltungen der virtuellen Zeiträume.

Was geschieht nun mit dem Betrachter und der Kunstfreundin, aber auch dem Passanten, der auf der Quaibrücke vor einem solchen Tableau steht, sich ihm ein virtueller Raum öffnet, in welchem merkwürdige Dinge erscheinen, wohl im Wissen, dass es sich dabei um eine Darstellung des betreffenden Zeitabschnittes handelt? Diese Person möchte vielleicht eine kurze Darstellung des Themas hören. Auf der Einfassung jedes Hologrammteilstückes ist dafür eine Telefonnumer angebracht, die von einem Handy aus angewählt werden kann, um einen kurzen, 3-4 minütigen Kommentar und auf Wunsch noch weitere Informationen anzuhören. Wir wissen, dass die technische Entwicklung im Telekommunikationsbereich dahin geht, das Mobiltelefon zu einem multimediafähigen Gerät mit Internetzugang auszubauen, auf welchem nach Bedarf selbst Bilder, Videos, Texte usw, abgefragt und angeschaut werden können. Vorerst hat der Berachter des Hologrammbandes zh2000 aber diese Audiomöglichkeit, die seit bald 15 Jahren problemlos und einfach funktioniert. Später wird er sich direkt in die dafür schon bestens vorbereitete zh2000 Homepage einwählen können, um die gewünschten Informationen zu erhalten.

Zum Entstehungsprozess

Die Realisierung des Projektes zh2000 ist eine komplexe Aufgabe, die den Beizug verschiedener Fachleute - sowohl im technischen wie auch im inhaltlichen Bereich - bedingt und nur in einem Team von schätzungswiese fünf festangestellten Personen stattfinden kann. Der Vorgang der Entstehung soll zu einem transparenten Ereignis werden, welches im eigenen Medium der Internet-Homepage ausführlich dokumentiert wird. Im weiteren soll das Atelier, welches in Zürich angemietet wird, der Bevölkerung zu vorgegebenen Zeiten offen stehen. Diskussionen, Gespräche, Anregungen und auch Einwände sollen in diesem Rahmen als integraler Bestandteil des Kunstprojektes zh2000 aufgezeichnet und in der Homepage veröffentlicht werden. Da es sich um ein Kunstwerk für den öffentlichen Raum handelt, ist auch die Beteiligung von Vertretern der Stadt erwünscht und ihre Einflussnahme in angemessener Form gewährleistet. Dass eine solche Einflussnahme in Bezug zu diesem speziellen Projekt die kreativen Möglichkeiten des Künstlers einschränken könnte, ist deshalb nicht möglich, weil durch die Dokumentation des Entstehungsprozesses solche Einflussmöglichkeiten nicht nur offengelegt, sondern wesentlicher Bestandteil des Kunstwerks sind. 

Daniel Ambühl 19.April 1999 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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